Taktiken im Wandel: Miteinander statt gegeneinander
Die Zeiten aggressiver Übernahmen und spaltender Narrative von „wir gegen sie“ sind längst vorbei. Falls diese Taktiken jemals wirklich funktioniert haben, dann ist ihre Wirksamkeit schon vor Jahrzehnten verblasst. Vielleicht ist diese Erkenntnis in der öffentlichen Diskussion um Sea Shepherd und die Färöer nicht präsent gewesen. Intern haben wir uns jedoch seit vielen Jahren damit auseinandergesetzt und unsere Arbeit entsprechend angepasst.
Es ist an der Zeit, diese Überlegungen und Veränderungen in die Öffentlichkeit zu tragen und den Weg für einen sinnvollen und effektiven Aktivismus zum Schutz der Wale und Delfine auf den Färöern zu ebnen. Dieser Aktivismus muss auf den Färöern verankert sein, von färöischen Aktivisten geleitet und von der weltweiten Meeresschutzgemeinschaft unterstützt werden. Ein kollektiver Ansatz ist unerlässlich.
Historisch gesehen ist das Grind, die traditionelle färöische Treibjagd, tief in der lokalen Kultur verwurzelt. Mit dem Wandel gesellschaftlicher Werte wird diese Praxis jedoch sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Färöer zunehmend in Frage gestellt. Heute bieten das globale Umweltbewusstsein und die sich verändernden Ansichten innerhalb der färöischen Gesellschaft die Möglichkeit, langjährige Praktiken zu hinterfragen und zu verändern. Es wird Zeit, den Fokus von internationalen Protesten auf eine starke, lokale Forderung nach Veränderung zu verlagern. Es ist wichtig, sich darüber im Klaren zu sein, dass Veränderungen dieser Grössenordnung einen differenzierten und integrativen Ansatz erfordern.
Das Grind: Kultureller Kontext und rechtliche Realität
Auch wenn das Grind zweifellos schrecklich und brutal ist, muss man der Tatsache ins Auge sehen, dass es legal ist. Anstatt wertvolle Zeit und Energie darauf zu verschwenden, die Legalität zu leugnen, muss der Fokus darauf liegen, die färöischen Gesetze zu ändern und die Gemeinschaft zur Einhaltung internationaler Abkommen zum Schutz von Walen und Delfinen zu bewegen.
Statt Feindseligkeiten zu schüren, müssen wir als Meeresschützer und Aktivisten lokale Stimmen unterstützen und stärken. Die wirksamste Triebkraft für Veränderungen sind färöische Einzelpersonen und Gemeinschaften. Internationale Bemühungen werden weiterhin wichtige Ressourcen bereitstellen, Botschaften verstärken und globale Solidarität aufbauen. Sie können jedoch nicht die unverzichtbare Führungsrolle derjenigen ersetzen, die in der Gemeinschaft verankert sind und sich für die Sache einsetzen.
Das Grind existiert nicht isoliert. Es ist Teil eines grösseren Kontextes kultureller Identität, früherer Erfahrungen und Begegnungen zwischen Walfängern und Aktivisten, einer starken internationalen öffentlichen Aufmerksamkeit und der Auswirkungen all dessen auf die Wahrnehmung der färöischen Gesellschaft. Effektiver Aktivismus muss diese komplexen Zusammenhänge berücksichtigen. Frühere Kampagnen, die das Thema zu sehr vereinfachten oder es als Kampf zwischen externen Kräften und lokalen Traditionen darstellten, trugen unbeabsichtigt dazu bei, den Widerstand zu verstärken, anstatt die Zusammenarbeit zu fördern. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, ist eine partnerschaftliche Zusammenarbeit unerlässlich.
Lokale Führung und globale Partnerschaften fördern
Lokales Engagement ist kein passiver Prozess, sondern ein Prozess des Zuhörens, Lernens und Anpassens. Wir haben jahrelang daran gearbeitet, Beziehungen zu Färingern aufzubauen, die gegen das Grind sind. Jetzt müssen wir Wege finden, ein Umfeld zu schaffen, in dem sich diese Menschen öffentlich äussern können. Und das trotz der Herausforderungen, die sich aus der Dynamik enger Gemeinschaften und Anfeindungen aus der ganzen Welt ergeben.