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Supertrawler stehlen Nahrung von über hundert Finnwalen in der Antarktis

Donnerstag, 09 Mär, 2023

Am Montag erwischte Sea Shepherd Global zwei Supertrawler auf Raubzug. Die Schiffe wurden dabei gefilmt, wie sie ihre Netze durch eine Riesenschule von über hundert Finnwalen schleppten, während diese vor den Südlichen Orkneyinseln im Südpolarmeer Krill frassen.

Eine Riesenschule Finnwale beim Fressen von Krill. Foto von Mika Van Der Gun/Sea Shepherd Gobal.

„Die beiden Supertrawler machten keine Anstalten, ihren Kurs zu ändern. Es sah sogar so aus, als ob sie absichtlich auf die Riesenschule zusteuerten, weil sie wussten, dass es dort, wo die Wale sind, auch Krill geben muss“, sagte Captain Peter Hammarstedt von Bord der Allankay, dem neusten Schiff von Sea Shepherd Global.

Ein Krill-Fangschiff fischt inmitten einer Riesenschule von Finnwalen. Foto von Mika Van Der Gun/Sea Shepherd Global.
Sea Shepherd überwacht zwei Supertrawler vor den Südlichen Orkneyinseln. Foto von Flavio Gasperini/Sea Shepherd Global.

Als die Allankay eintraf, zogen zwei weitere Supertrawler sofort ihre Netze ein und ergriffen die Flucht.

Die schockierenden Bilder wurden am ersten Tag der Ankunft im Südpolarmeer aufgenommen. Die neuste Kampagne von Sea Shepherd Global, Operation Antarctica Defense, kämpft gegen die grösste ökologische Bedrohung für das Ökosystem der Antarktis. Dabei werden die Fangaktivitäten einer wachsenden Flotte von Schleppnetzschiffen kontrolliert, die es auf die lebenswichtigen Krillpopulationen abgesehen haben.

Krill, kleine garnelenartige Krustentiere, bilden die Grundlage des gesamten antarktischen Ökosystems und sind die Hauptnahrungsquelle für Bartenwale und Pinguine. Für die meisten Meeresbewohner ist Krill entweder eine direkte Nahrungsquelle oder ein Teil davon.

Mit dem weltweiten Abwärtstrend des Walfangs – Sea Shepherd Global hat 2018 die letzten Walfänger aus dem Südpolarmeer vertrieben – ist die Krillfischerei an seine Stelle getreten. Heute jagen 12 bis 14 industrielle Schleppnetzschiffe nicht die Wale direkt, sondern die für sie überlebenswichtigen Schlüsselarten.

Captain Peter Hammarstedt sieht sich den Supertrawler genauer an. Foto von Flavio Gasperini/Sea Shepherd Global

„Bei den Buckelwalen ist ein deutlicher Rückgang der Schwangerschaften, bei den Seebären eine Abnahme der Körpermasse und bei den Zügelpinguinen ein starker Populationsrückgang zu verzeichnen. Alle drei Arten sind auf Krill als Hauptnahrungsquelle angewiesen. Erschwerend kommt hinzu, dass der Klimawandel sowohl die Menge als auch die Dauer des Meereises verringert hat, das der Krill zum Überleben braucht.“

Captain Peter Hammarstedt
Die Crew der Allankay auf der Tempest mit einem der beiden Krill-Supertrawler. Foto von Flavio Gasperini/Sea Shepherd Global.

Die tödlichen Auswirkungen auf Wale sind nicht nur indirekt. Im Jahr 2021 wurde in drei verschiedenen Fällen der Tod von drei Walen in Krill-Schleppnetzen dokumentiert, was den zunehmenden Konflikt zwischen den Betreibern von Fangschiffen und den Walen auf der Jagd nach Krill verdeutlicht.

Vor drei Wochen erschien in dem Magazin Ecology ein Artikel der Stanford University über vier grosse Fangschiffe, die ihre Netze auf der Suche nach Krill durch eine Riesenschule von über 1'000 Finnwalen schleppten. Dem Artikel zufolge wird sich diese Art der Konkurrenz zwischen Krillfischern und Walen in Zukunft noch verschärfen. Dass dies kein Einzelfall ist, zeigen die aktuellen Aufnahmen von den Südlichen Orkneyinseln.

Krill wird im Südpolarmeer vor allem zur Herstellung von Krillmehl, einem Futtermittelzusatz für die Aquakultur, aber auch zur Gewinnung von Krillöl für die Herstellung von Omega-3-Nahrungsergänzungsmitteln gefangen. Als Futtermittelzusatz färbt Krillmehl das ansonsten graue Fleisch der Zuchtlachse rosa oder rot und lässt sie so wie ihre wildlebenden Artgenossen aussehen.

Ein Supertrawler leitet heisse Flüssigkeit aus der Krillverarbeitung ins Meer ab. Foto von Flavio Gasperini/Sea Shepherd Global

Moderne Krill-Fangschiffe sind mit einem Saugrohr am Ende des Netzes ausgerüstet, wodurch das Schiff rund um die Uhr fischen kann. Gleichzeitig verhindert diese Methode, dass der Krill beim Einholen des Netzes zerquetscht und somit das wertvolle Krillöl aus den winzigen Tieren gepresst wird und verloren geht.

„Es ist absurd und ein Verbrechen gegen die Natur, dass Krill in den entlegensten Gebieten gefischt wird. Mit schweren Industrieschiffen, die um die halbe Welt fahren, nur damit diese Schlüsselart, von der die Gesundheit des gesamten Ökosystems abhängt, aus den Mäulern hungriger Wale und Pinguine geraubt werden kann, um Zuchtlachs rosa zu färben“, sagte Alistair Allan, Leiter der Antarktis-Kampagne der Bob Brown Foundation.

Die Besatzung der Allankay wird die Fischerei und ihre Auswirkungen auf die Wale überwachen, ihre Aktivitäten dokumentieren und die gesamte Lieferkette verfolgen. Sea Shepherd Global hat sich mit der australischen Bob Brown Foundation zusammengeschlossen, die im Rahmen ihrer Kampagne „End Krill Fishing“ die Krillfischerei und den Weg des Krills in die Regale australischer Supermärkte und Apotheken untersuchen wird.

Ein Krill-Supertrawler mit der Allankay im Hintergrund. Foto von Flavio Gasperini/Sea Shepherd Global.

„Die Krillfischerei in der Antarktis sollte wegen ihrer verheerenden Auswirkungen auf die vom Krill abhängigen Arten sofort verboten werden. Die Krillfischerei zerstört die Grundlage der gesamten antarktischen Nahrungskette. Sea Shepherd greift nur mit Direkten Aktionen gegen illegale Fischerei ein. Wenn die Fischerei legal ist, wie es bei der Krillfischerei der Fall ist, müssen wir stattdessen die Fischerei überwachen und dokumentieren, um auf die notwendigen Maßnahmen zu drängen. Dies ist eine Fischerei, die in dieser unberührten Umwelt nicht erlaubt sein sollte, und wir werden uns dafür einsetzen, dass sie verboten wird. Sei es durch das Gesetz oder den Markt.“

Captain Alex Cornelissen, CEO von Sea Shepherd Global.
Sichtbarer Blas der Walschule beim Fressen von Krill, während ein Supertrawler mitten unter ihnen fischt. Foto von Flavio Gasperini/Sea Shepherd Global

Unsere Geschichte zum Schutz der Antarktis

Sea Shepherd Global kann auf eine lange Erfolgsgeschichte im Kampf für die Antarktis zurückblicken.

Nach 15 Jahren Direkter Aktionen zur Beendigung des illegalen Walfangs im Antarktischen Walschutzgebiet, hat die japanische Regierung 2017 die Waljagd in der Antarktis eingestellt. Die Sea Shepherd-Kampagnen haben am Ende zur Rettung von über 6'000 Walen geführt.

Im Jahr 2015 verfolgten die Sea Shepherd Global-Schiffe Bob Barker und Sam Simon (heute als Age of Union bekannt) 110 Tage lang den berüchtigten Antarktisdorsch-Wilderer Thunder, der von Interpol gesucht wurde. Als der Kapitän verstand, dass er die Verfolger nicht abschütteln kann, versenkte er das Schiff, um alle Beweise an Bord zu vernichten. Die Öffentlichkeitswirkung der längsten Verfolgungsjagd in der Geschichte der Seefahrt führte schliesslich zur Festsetzung der Schwesterschiffe der Thunder und beendete ihre illegale Fischerei im Südpolarmeer.

Weitere Infos zur Operation Antarctica Defense findest du hier.

Einer der Supertrawler mit seinem Netz im Wasser. Foto von Flavio Gasperini/Sea Shepherd Global
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